Das Phänomen der toten Eltern

Characterentwicklung

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Skyrock
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Das Phänomen der toten Eltern

Beitrag von Skyrock »

Ich kenne mittlerweile eine Menge Systeme, in denen noch mehr Charaktere vorkommen. Zu jedem dieser Charaktere hat es einen Hintergrund(oder sagen wir besser, sollte es einen Hintergrund geben). Und fast immer wenn ich den Hintergrund des Charakters eines anderen lese, geht er so los:

"Meine Eltern wurden von ultrabösen nationalsozialistischen dämonenpaktierenden Dunkelelfen getötet."

Davon existieren ähnlich populäre Varianten mit ultrabösen nationalsozialistischen dämonenpaktierenden Orks, und systemspezifische Varianten wie ultraböse nationalsozialistische dämonenpaktierende Konzernkiller. Kreativere Spieler, die nicht zwingend eine homogene Gruppe von elternmordenden ultrabösen nationalsozialistischen dämonenpaktierenden Etwassen voraussetzen wollen, verwenden auch Naturkatastrophen zu diesem Zweck oder lassen ihre Eltern "nur" verschollen gehen.

Kennt ihr auch dieses Phänomen, das ganz unabhängig von Setting und System aufzutreten scheint?
Woher kommt dieses Phänomen?
Was bewegt euch dazu, ein solches Element in eure Charakterhintergründe aufzunehmen
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Spider
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Beitrag von Spider »

Keine Eltern = Weniger Arbeit?
Ich kann mich gerade nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einen Charakter ohne Eltern hatte, aber ich bin ja auch schon ein großer Rollenspieler. :wink: Bei einem Charakter mit Hintergrund als Konzernflüchtling besteht allerdings kein Kontakt mehr zu den Eltern, wenn man vom Hacken ihres Hometerminals absieht, um wenigstens manchmal ein seltsames Familiengefühl aufkommen zu lassen.
Der neueste, bald zu spielende Charakter (ich darf bald spielen, Juhuu!) hat Eltern in Seattle und grundlegend ein gutes Verhältnis zu ihnen. Der Kontakt wird allerdings auch eher vorsichtig sein, da Lone Star die Fahndung nach ihm erst vor einem Vierteljahr eingestellt ist.
Meine Spieler ... hm, eine Adoptivmutter, unbekannt, unbekannt, Eltern in Mexiko, Eltern vielleicht in Los Angeles. Kampagnenort ist Seattle, bisher kamen Eltern noch nie vor. Sie sind auch nicht weiter beschrieben in den Hintergründen, wenn man von der Adoptivmutter absieht, die eine 2er Connection des Charakters ist. Gut, die wurde sogar schon einmal erwähnt. Der Spieler ist allerdings auch eher selten da, so dass die Frequenz ihrer Auftritte auch niedrig ist.
Vielleicht liegt gerade bei SR auch noch da ein Problem. Je nach Verhältnis und "Nützlichkeit"wäre es angemessen, seine Eltern als Connections zu kaufen und da kann es schon mal vorkommen, dass nicht genug Geld da ist, um nun Mama und Papa für 400K? zu 3er Connections zu machen.
Nach meiner Erfahrung ist es so, dass leider ohnehin nicht so viel Arbeit in den Hintergrund gesteckt wird, und dass Eltern meist eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Das kenne ich nicht nur von SR so. Tot sind Eltern allerdings nicht unbedingt. Meistens werden sie halt mir einem Satz abgehandelt, der sie weit weg vom Kampagnenort positioniert und sie damit fast gänzlich aus dem Spiel nimmt. Hm, obwohl ... irgendwann haben wir mal bei den Eltern des Söldners in Punin übernachtet, aber das leitete sich vermutlich nur von der Zeile Geburtsort auf dem DSA-Dokument ab. Ist auch länger her.
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Tails
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Beitrag von Tails »

Mal ehrlich wie oft kommt denn selbst ein super ausgearbeiteter Hintergrund im Spiel zum Einsatz bzw. wie oft wird darauf auch nur angespielt?

Nicht dass die Eltern unbedingt gleich tot sein müssen. Selbst wenn sie leben, kam es bisher noch nicht mal unter den Chummer zum Gespräch darüber.
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Gambit
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Beitrag von Gambit »

Ich muss zugeben das ich bei meinem ersten Char die Eltern schlichtweg vergessen habe :)
Bei meinem zweiten Char wurde in Inplay von Daddy vor die Tür gesetzt der mit seiner Konhostknackenden Tochter nichts zu tun haben wollte....tja so kommt man entgültig in die Schatten.

Es gibt Meister die es eiskalt ausnutzen wenn der Char Eltern, Geschwister, Verwandte oder ähnliches hat und eine Verbindung zu ihnen besteht. Es kann echt nerven während jedes Auftrags zu hören "Wir wissen wo dein/e Eltern/geschwister/Freund/Freundin/Kind ist und werden ihm der Himmel weiß was antun wenn du nicht gehorchst"
Es ist diese Verwundbarkeit die zu oft ausgenutzt wird, welche die Eltern so vieler Chars zu vereinsamten Vollwaisen werden lässt noch bevor die Kleidung gekauft wurde.
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Spider
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Beitrag von Spider »

Ist doch toll, wenn die Gegenseite weiß, wer Deine Familie ist. Ein run, den ich vor kurzem gespielt habe, hat dadurch massiv an Spannung gewonnen. Das Risiko ist einfach angenehm hoch, wenn der Johnson Dir mit den Auftragsdaten Holos von Deiner 16-jährigen Schwester und eurem kleinen Bruder zukommen lässt. Und die Befriedigung, wenn man den Johnson dann selbst in die Enge treiben kann, ist umso größer.
Der fragliche Johnson war allerdings auch das Ziel des vorher gespielten runs. Daher kann man ihm das nicht wirklich nachsehen. :)

[edit]Ein "w" eingefügt.[/edit]
Zuletzt geändert von Spider am 13 Feb 2005, 20:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Skyrock
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Beitrag von Skyrock »

Exakt. Zumindest ich als SL bin für Ansatzpunkte um den Charakter auch persönlich motivieren und in (Neben-)Plots verstricken zu können immer dankbarer als für Teflon-Billys ohne jegliche Familie, Freunde, Ex-Schulkameraden und Zimmergenossen.
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Spider
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Beitrag von Spider »

:mrgreen:
Was mir gerade auffiel: Der Charakter mit Bruder und Schwester hat übrigens keine Eltern mehr. Autounfall oder Flugzeugabsturz oder sowas. Hat auch eine 3 Punkte dependent flaw, weil er sich um seine Geschwister kümmern muss. Aber die Punkte hat er sich jetzt schon verdient. Diese Scheiss-Skatergören, die immer mit seiner Schwester abhängen und den Kühlschrank leerfressen sind echt 'ne Qual.
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Gambit
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Beitrag von Gambit »

Versteht mich nicht falsch, ich mag es Charaktere mit mehr oder weniger intaktem Freundes und Familienkreis zu erstellen und zu spielen. Nur blöd wenn es jedesmal auf das gleiche rausläuft und man dem Johnson sagen kan "Ja ich weiß auch sie wissen wo meine Familie lebt und das sie schon mindestens drei Killer angeheuert haben die sprungbereit im Schrank sitzen. Ich kenn das schon...seit 3 Jahren."
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Skyrock
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Beitrag von Skyrock »

Das klingt mir ehrlich gesagt mehr nach dem Problem eines SLs der ein Stilmittel überbeansprucht.
Prinzipiell ist gegen den "Ich weiß wo deine Familie ist"-Plot nichts zu sagen, aber wie jeder noch so tolle Plot wird er durch übermäßigen Einsatz öde.
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Sakura
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Beitrag von Sakura »

Nun ja, meistens dürfte es so sein, dass man eben Eltern und Familie als Druckmittel fürchtet, bei anderen ist es schlicht Faulheit. Mal schauen, wie es bei meinen aktuellen Chars so aussieht:

Sakura, beide Eltern noch am leben, dazu noch eine Oma
Racker, Vater von Lone Star erschossen, Mutter lebt.
Roller, Mutter tot, Vater am leben
Cheyenne, Eltern noch am leben
Tesisphone, Vater Herzinfarkt im Bus nach vielen Überstunden, Mutter beim Gardinenaufhängen unglücklich gestürzt.
Frank, Vater während der Arbeit erschossen, Mutter noch am leben, Frau, zwei Kinder und eine nervige Schwiegermutter, die er am liebsten auch erschiesen würde.
Ron
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Beitrag von Ron »

Finde ich interessant, dass diese Frage hier angesprochen wird, ich habe mir auch schon öfter Gedanken drüber gemacht. Allerdings kenne ich dieses "Phänomen" auch von anderen Rollenspielsystemen, auch z.B. DSA oder D&D (genau da habe ich letztens einen ganz klassischen Chara gebastelt, eine Elfenwaldläuferin, von der viele aus der Sippe von Orks getötet wurden :-D: ).
Ich glaube, dass es einfach leichter ist, einen Chara ohne Eltern zu spielen, weil er/sie dann keine "Wurzeln" mehr hat und ihm/ihr viele Dinge im Spiel einfacher gemacht werden. Natürlich kann dadurch eine rollenspielerische Dimension fehlen, die sehr interessant wäre.
Meine beiden SR-Charaktere haben noch Eltern (bzw. eine Mutter), aber es ist bei beiden noch nie zu tragen gekommen. Wenn es um Beziehungen geht, die zum Thema gemacht werden oder zum Druckmittel werden können, dann sind dies eigentlich immer die Freunde bzw. die Chummer, die sie schon länger kennen.
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X-FroG
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Beitrag von X-FroG »

Stimmt das kenne ich auch von mir selbst... ist mir bisher aber auch nicht aufgefallen... vielleicht weil man sich bei einem Char um noch so viele andere Sachen gedanken machen muß.

Also bei meinem Hauptchar wurden die Eltern auch umgebracht... aber er "durfte" dabei zusehen... irgendwie muß man die Chars ja auch auf die Straße bringen :wink: inzwischen hat er aber seine Eigene Familie was es durchaus auch ned einfacher macht. Noch gar nicht so lange her, hatte es da mal richtig zunder gegeben deswegen... total Spannend... aber dauernd möcht ich das auch nicht haben, das ging mir als Spieler schon an die Substanz!

Bei meinen Anderen Chars habe ich mir wenigstens grob überlegt Eltern so ist, aber auch nie sehr aufwendig viel.

Eine Außnahme ist hier Lucy... sie hat ihre Mom sogar als Stufe 1 Feind *eg*
- Forenzombie, der versucht wieder aufzuerstehen -
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Indigo
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Beitrag von Indigo »

Hm…also bei Indigo ist es so das sie nur noch einen Vater hat der selber Runner ist. Ihre Mutter wurde getötet als Exempel bei einer kleinen Strafaktion der lokalen Schutzgeldmafia. Ihr Tod war Indigos Einstieg in die Schatten, der Schock war ihr magisches Erwachen und sie ist dann zu ihrem Daddy und der hatte einen Unfall und musste ins Krankenhaus…um die Rechnung zu bezahlen machte Indigo ihre ersten Runs…mit einem Typen der sich erst Monate später (nachdem die zwei eigentlich ein sehr verqueres Team waren) als der von der Mafia bezahlte Killer ihrer Mam rausstellte der nicht gewusst hatte das er mit der Tochter seines Opfers seit Monaten arbeitet…genial gespielter Plot, ich hatte eine Menge Spaß an dieser Idee meines Mitspielers.

Libby hat keine Eltern, die Mutter hat sie als Baby bei der Oma abgegeben, der Vater ist unbekannt. Sie hat ihren Namen „Liberty“ vom Freiheitsdrang ihrer Mam, hat quasi keine Wurzeln und ich brauchte die Oma (die dann stirbt) als jemand der ihr zwar als Kind Halt gab, aber nicht mehr da ist als sie Teenager wird. Zu Libbys Char gehört das Konzept „Ich bin alleine – ich komme klar, ich bin stark weil ich es sein muß“ Es ist eins ihrer zentralen Themen. Und eine Familie als Fallback killt da das Konzept.

Für Gate hab ich mir das nie überlegt, aber sie ist auch „älter und erwachsener“ als meine anderen Chars, da war das irgendwie nie Thema.

Cookie hat zwar keine Eltern aber einen Bruder mit Kind und eigene Familie und für sie ist Familienleben zentraler Dreh und Angelpunkt ihrers Lebens (und auch der Grund warum sie nicht mehr in die Schatten geht). Sie ist selber Mama und wurde auch schon öfter mit X-FroG´s Sohn Casimir zur Zielscheibe für X Gegner.

Malam…da sind die Eltern auch ein fester Teil des Charkonzepts. Sie ist Inderin und arbeitet mit im Familienbetrieb, einem kleinen Supermarkt/Imbiss-Betrieb. Außerdem ist sie jüngstes Kind und einzige Tochter und „leidet“ dauernd unter der Bevormundung durch Eltern und große Brüder. Außerdem braucht sie natürlich Ausreden wenn sie auf Runs geht oder zerschlagen nach hause kommt…dieser Spagat zwischen „normalem Leben“ und Runner macht viel Spaß.

Also…bei mir ist es sehr unterschiedlich und wenn ich „tote Eltern“ bei den Chars habe dann mit Gründen für den Hintergrund des Chars.
Ich hab nur Unsinn im Sinn - und ich hab dich im Visier ;-p

http://shadowrunkoeln.wordpress.com
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Tails
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Beitrag von Tails »

Eben, der Tod der Eltern oder eines Teils der Familie, wird oft auch als Motiv fürs Runner-/Abenteurer-/"Helden"-Leben hergenommen.
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Spider
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Beitrag von Spider »

Pure Neugier und off-topic:
Wie ist denn die Geschichte mit Indigo und ihrem runner-Kollegen ausgegangen? Da der plot ja scheinbar gewollt so angelegt wurde, müssen sich die beiden irgendwie miteinander arrangiert haben, oder?
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