Vanitas [Var. II]

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Phelon
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Vanitas [Var. II]

Beitrag von Phelon »

Hallo Forum!

Indigo hatte mich quasi mal ?eingeladen? hier zu posten, wenn ich Feedback für Stories suche.

Von dieser Story gibt es zwei Varianten, und ich bin sehr neugierig, welche besser bei euch ankommt. (Wenn sich jemand die Mühe machen will, wirklich beide zu lesen.;-) )

Allgemeines Feedback freut mich natürlich ebenfalls.


_________________________

>>>>>Vanitas - Chipwahrheiten

Bewusstsein. Denken - gebootet, aufglimmend wie ein schwacher LED-Schirm.
Auf meiner Brust drückt etwas schweres, nimmt mir den Atem, Klaustrophobie!
Wirklich erwacht; auf meiner Brust, die Lenkstange eines Motorrads, in der Luft ein leises Wimmern. Was ist schlimmer, die Enge oder das Geräusch?
Meine Hände, wie tot, drücken, schieben die Maschine runter, die Lederkluft schabt auf dem Asphalt, mein Körper spannt sich, das Wimmern wird lauter, und endlich! Ich liege frei, atmete tief durch, das Wimmern verstummt.
Ich habe damit aufgehört.
Unsicheres Aufstehen, ich torkele, stütze mich in der kühlen Lederkluft gegen die Wand der Gasse, atme die Wärme und den Männergeruch meines Körpers, den Smog und die Pisse in der Luft.
Mein Blick fällt auf Chips, neben der umgekippten Maschine liegt ein Etui, voll davon.
Ein panisches Tasten; zur Stirn, zur Schläfe, zum Nacken. Wo ist die Buchse, die Schnittstelle? Da, kaltes Chrom, wieder knapp über dem letzten Wirbel.
Da ist er - mein Chip. Ich.
Erinnerungsbrocken, eine Kaskade aus Chipwahrheiten.
Mühsam richte ich die Maschine auf, rolle aus der Gasse, orientiere mich in den Neonlichtern.
Meine Wohnung, anscheinend nur ein, zwei Blocks entfernt.
Dort knirschen hinter der aufgebrochenen Tür Glasscherben unter den
Motorradstiefeln, der Boden ist überseht mit diesen grossen Splittern. Alle Fenster, Spiegel, Glasschränke, zerstört, zuviel dieser Scherben auf dem ganzen Flor des Bodens.
Zuviel Scherben, zuviel Blut.
Im Hauptraum liegt mein Körper, die Lache ist selbst für diesen zierlichen Körper verdächtig klein; mein Bauch bis zur Scham offen.
Mir wird schlecht, und im Bad ist noch mehr, jetzt wirkt es zu viel, das kann
NICHT aus mir stammen, nicht alles, die Wanne, das Becken, voll, überall.
Überall.
Irgendwann kann ich nichts mehr erbrechen, ich krieche fast zu dem toten
Körper, so real. Und auch so fremd, so schnell.
Metall schmeckt in der Luft, mein Blut. Kalt. Die Augen, nichts, nur leere,
blutige Höhlen, ausgefranste Fleischfäden, unwillkürlich greife ich mir an den Helm.
Dieses Detail ebenso aus der Erinnerung verschwunden, wie mein Ausbluten in die Badkeramik.
Plastek auf Fleisch, der Helm auf den blassen Brüsten, mein Hinterkopf liegt am Ende des langen Schnitts.
Ich richte mich wieder auf, knie in einer Lache meines Blutes, nehme den Helm ab.
Lege den ungeschützten Kopf wieder auf das Fleisch, die langen Haare
schmieren, das Blut ist noch nicht ganz trocken. Ich spüre das ungewohnte
Kratzen der Barthaare, an der Kühle der toten Haut.
Dann, fast zärtlich, drehe ich die leeren Höhlen fort, streife über die leere
Buchse, dort über dem letzten Nackenwirbel im toten Fleisch.
Kontinuität.
FLASH. Ein Bild, ein Gesicht. Genauso, wie ich es gesehen hatte, als letztes überhaupt. Dann blendeten mich die Reflexionen auf der Messerschneide.
Ein Name, vergessen, fortgespült, aber jetzt wieder in meinem Gedächtnis. Ich spüre ihn, spüre ein Drängen, zu ihm.
Ich richte mich wieder auf, eine Spur meines Blutes, verschmiert auf meiner Wange, am trocknen zwischen den Stoppeln.
Helm, Visier runter, verlasse ich mit schweren Schritten durch Glasscherben das tote Fleisch.

Fahren. Das Motorrad ist willkommen, immer weiter, die Bahn wird zu einem Strich am Horizont, SO WEIT, einfach nur Asphalt, hundert Jahre alt, oh und Benzin, weiter, Flucht der Getriebenen.
Mehr Erinnerungen, flackernde Bilder, Assoziation von nächtlichen Reitern, die Tiere mit Schaum vor dem Maul, schneller, getrieben, immer mehr, genau wie jetzt die Suzuki unter mir, aufheulend, jammernd, Flucht.
Keine Freiheit.
Motorenlärm. Vibrationen, Harley-Dreams auf dem Japaner, einsame Autos fallen zurück, schneller, die Suzuki bringt es. Immer weiter weg, nur weiter weg.
Näher ans Ziel.
Irgendwo dann eine einsame Tanke, wachsame, ängstliche Augen, und Blicke.
Der Kassentyp spürt etwas, Instinkt nicht Intellekt; eine wage Ahnung, sieht
etwas in meinen Augen, und spürt deshalb Dankbarkeit für die Flinte unter der Durchreiche, hinter seinem Panzerglas. Benzin für den Japaner, Credits aus der Innentasche der Lederjacke, ein DankeMister, und deutlich sichtbar, die Erleichterung, der Mann mit den komischen Augen setzt seinen Helm auf, wird weiter fahren.
Weiter, auf die Bahn. Jetzt schon ganz nah.
Irgendwann Dämmerung, die Schwärze weicht diesem diffusem Blau, kurz vor dem eigentlichen Sonnenaufgang.
Genau wie nach dem Schmerz, dem Schock, der bitteren Erkenntnis. Das Blau, dann Dunkelheit. Dann das Gefühl von Leder auf der Haut, Asphalt an der Wange. Der Codegeber in der Tasche. In dieser verlassenen Gasse, die Suzuki auf der Brust.
Wahnsinn, Schichten von Realität, Datensätzen.
Aber wieder Bewußtsein, ICH, das Gewicht der Maschine zwischen den
Schenkeln. Ledergeruch des Helms. Fahrtwind. Und, Bonus, die grosse Kanone dieses Chipheads im Stauraum.
Ich.
Komme näher, spüre ihn schon, dem Träger des Gesichtes.
Die Schemen werden wieder zu Leitplanken, Vegetation. Langsamer,
runterkommen, runter.
Das Gesicht, es zieht mich an.
Er wird mich nicht wiedererkennen, aber ich werde es ihm vorher noch sagen, es ihm ins Ohr flüstern, mit meiner, jetzt, tiefen Stimme.
Die erste Nacht am Galgen ist die schlimmste.
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Krix
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Beitrag von Krix »

Hrm... also mir gefällt die Variante besser als die erste... die andere ist mir zu abstrakt, auch wenn sie wahrscheinlich besser zu den Chipflashs passt *shrug*

Wenn du die hier noch etwas weiter ausschreibst, wäre sie bestimmt noch besser. hier sind nur ein paar adjektive und Verbindsungswörter und ein paar Präpositionen eingefügt worden, ansonsten ist es dasselbe wie die erste ^^

Ich muss auch gestehen das ich noch nciht ganz durchgestiegen bin, aber ich geb mir Mühe ^^
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Indigo
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Beitrag von Indigo »

Ganz meine Meinung Krix :-D:
Ich hab nur Unsinn im Sinn - und ich hab dich im Visier ;-p

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Lauren
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mh

Beitrag von Lauren »

Ich weiß nicht ganz, was ich davon halten soll. Ich finde die 2. Version besser als die 1., aber ich finde es immer noch zu verworren geschrieben, um den Leser an einem Faden durch die "Düster-hunkelmunkel-Alles Scherben-Welt" führen zu können.

Ellipsen, Gedankensprünge, etc... schön und gut, aber die werden meines Erachtens nicht konsequent genug genutzt.


Kleines Beispiel:
...Unsicheres Aufstehen,* ich torkele, stütze mich in der kühlen Lederkluft* gegen die Wand der Gasse, atme* die Wärme und den Männergeruch* meines Körpers, den Smog und die Pisse* in der Luft...
Ich geh´s mal von rechts nach links ab:

*Hier würde ich persönlich einen Punkt hinsetzen und mit "Ich torkele" neu beginnen, da zumindest in meiner Vorstellung zwischen "Unsicheres Aufstehen" und "Torkeln" eine zu lange Zeitspanne vergangen sein muss.

*Das würde NIEMAND sagen, der tatsächlich in einer Gasse aufwacht, sondern ausschließlich ein Autor, der die Umgebung seines Helden plastisch darstellen will ;-) - aber ansonsten niemand.

*Passt da nicht eher ein Verb im Sinne von "rieche... Geruch, Smog und die Pisse"? Wärme kann man nicht einatmen! Und Pisse auch nicht! (Wärme kann man aber auch nicht riechen!)

*Hier würde ich nicht "Männergeruch" sagen, sondern vielleicht soetwas wie "meinen (stinkenden, etc...) Schweiß/Geruch", weil (siehe oben) KEIN MANN jemals sagen würde, er würde seinen "Männergeruch" einatmen ;-) Nicht mal Chipjunkies!

*Pisse kann nach meiner metaphorischen Imagination nicht in der Luft liegen, sondern nur der fade Pissegeruch.


Diese Kleinigkeiten machen das Lesen sehr schwer, und schwächen die Wirkung der Geschichte ab. Und das war nur so eine kleine Passage. Also: Schön dran bleiben und akribisch Arbeiten! (Und das von mir - ich wünschte ich hätte diese Fähigkeiten.)


Ciao, Lau

ps.: Wenn jetzt die Lobe zuwenig waren - ich spar mir einfach positive Dinge zu nennen, aber es gibt viele!
. . . q. e. d.
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