Gefühle

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Krix
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Gefühle

Beitrag von Krix »

Hier mal was was mir, nach einem Play gestern, heute so aus dem Ärmel gefallen war als ich auf der Arbeit langeweile hatte :)



Seattle Metroplex, Downtown, 02 Oktober 2063

Mit zittrigen Fingern kramte er in seiner auf dem Boden liegenden Hose und suchte umständlich nach einer zerknautschten Packung Zigaretten. Bedacht darauf leise zu sein förderte er sie schließlich zu Tage und versuchte grobmotorisch einen der Sticks herauszuziehen. Es wurde schlimmer, das konnte er ganz genau bemerken. Seine Sicht war leicht trübe und selbst das sonst immer so gestochen scharfe Bild seiner kybernetischen Augen konnte das Bild nicht mehr klaren. Das hieß, das irgendwas direkt an seinem Sehnerv und damit am Gehirn nicht mehr in Ordnung war. Er wusste genau was es war. Er kannte sogar die Ursache. Aber es war ihm egal. Bis heute. Er holte das Zippo, das auch schon bessere Tage gesehen hatte, heraus und versuchte es zwischen seinen bebenden Fingern zu halten. Er musste die Zigarette in den Mund stecken und die zweite Hand zur Hilfe nehmen, sonst wäre es ihm unweigerlich aus der Hand gefallen. Unzählige Versuche später schaffte er es das Rädchen schnell genug zu drehen und der Docht entflammte. Gierig sog er den ersten Zug durch seine Luftröhre so tief es ging in seine Lunge, wo das angenehme entspannende Brennen ihm zeigte das er noch lebte. Jedenfalls war das sonst immer sein Indikator. Jetzt hatte er einen neuen.

Er lehnte sich zurück und zog es vor die Hände nicht mehr beim Rauchen zu Hilfe zu nehmen. Das Feuerzeug rutschte aus seinem Griff und fiel polternd zu Boden. Er hielt die Luft an und schaute zum Bett auf dem locker zwei Trolle ohne Probleme hätten liegen können und noch Platzgehabt hätten. Darauf räkelte sich gerade sein neuer Lebensbeweis. Der helle Vollmond der gerade mal nicht durch die dichten Wolken verdeckt war, warf ein bizarres Schattenspiel durch die Jalousie, und die Silhouette der Elfe zeichnete sich gegen das helle Mondlicht ab. Die dünne Seidendecke schlang sich um ihren Unterkörper, den sie leicht verdreht hatte. Sie lag halb seitlich auf dem Rücken und ihr Oberkörper lag nackt dort. Ihre, trotz der Rückenlage immer noch üppig anzusehenden Brüste ragten ihm entgegen. Ihr schien kühl zu sein, trotz der angenehm temperierten 27° die im Zimmer herrschten. Die roten Haare fielen ihr offen über den Narben übersähten Körper und ließen sie dort liegen wie auf einer Zeichnung.

Sie seufzte leise als sie das Poltern des Feuerzeugs hörte und drehte sich vollends zu ihm hin auf die Seite. Leise atmete er aus und die heiße Asche seiner Zigarette löste sich bei der Bewegung von der Spitze und rieselte auf seinen Bauch. Normalerweise hätte ihn das nicht einmal gestört, aber der sonst so einfach wegzuignorierende dumpfe Schmerz schoß ihm nun wie eine Rakete durch sein Hirn. Eilig wischte er sich mit der Hand über die verbrannte Stelle um sie von der Asche zu befreien. Leise fluchte er in seiner Muttersprache und richtete sich schwungvoll auf, bevor er innehielt und sein Blick wieder zum Bett fiel. Mittlerweile hatte die Elfe ein gutes Stück Raum gutgemacht. Ihre Augenbrauen waren im Schlaf zusammengezogen und sie stricht mit ausgestrecktem Arm über die Bettdecke, so als suche sie irgendetwas. Ein Kribbeln schoß durch seinen Bauch, als er diese Geste beobachtete, dann bließ er den Rauch aus und legte die Zigarette in einen Aschenbecher.

Langsam ging er auf sie zu, kniete sich auf das Bett und berührte ihre Hand. Ein Lächeln schlich sich sofort auf ihre Züge und sie zog ihn wieder neben sich aufs Bett. Bedächtig und vorsichtig um sie nicht zu wecken legte er sich neben sie und drückte sich an sie, spürte ihren warmen Körper, der sich weich an ihn schmiegte. Er lüftete die Decke einen Spalt um darunter zu schlüpfen. Sie schauderte, als der kalte Hauch ihren Körper streifte, bevor sie sich aber dann eng an ihn drückte und seine Wärme genoß. Viele Gedanken schossen ihm in dem Moment durch den Kopf. Als erstes fragte er sich, wie man einen Körper schön finden konnte, der, wie seiner, über und über mit Dermalplatten bedeckt war. Die Antwort auf diese Frage konnte er sich selber nicht geben, allerdings redete er sich ein, das sie diesen Teil seines Aussehens einfach ignorieren würde. Außerdem schoß ihm noch etwas durch den Kopf, was er eigentlich schon verdrängt haben wollte und auch schon hatte. Wieso war sie so zärtlich mit ihm. Das hatte er vorher niemals mit ihr erlebt. Er musste sich ernsthaft überlegen ob es einen Unterschied zu dem Tag gab, als er sie das erste Mal getroffen hatte.

So sehr er sich aber den Kopf zerbrach und nach einer einfachen Lösung suchte. Sie war nicht vorhanden. Stattdessen schoss ihm immer wieder nur der eine Gedanke in den Kopf: „Just Sex ist ungleich...“ er schüttelte sich als er es nicht einmal schaffte zu Ende zu denken, was eigentlich offensichtlich war. Und er weigerte sich dasselbe zu empfinden. Aber war das richtig? Irgendwas war da. Irgendwas was er nicht einordnen konnte oder wollte.

Auf einmal spürte er ihre warme Haut, die sich an seiner rieb. Ihr Bein drückte sich gegen seine, zwängte sich zwischen seine Schenkel. Er spürte etwas, wie einen kalten Stich an seinen Füßen, das ihn schaudern und leise keuchen ließ. Es dauerte einen ganzen Moment, bis er realisiert hatte dass, wie hart auch immer eine Frau sein möge, wie viele Leute sie auch immer auf dem Gewissen hatte und wie viel Geld sie für irgendwelche Aufträge bekam, sie hatte immer kalte Füße. Er musste grinsen über seinen Gedankengang und war überrascht von sich selbst, das er sich über so eine Kleinigkeit, so eine Banalität, so freuen konnte. Das hatte er seit Jahren nicht mehr getan. Er hatte es sich einfach abgewöhnt. Gewissensbisse waren der Start, dann kam seine Ware dazu. Sie hatte es ihm vereinfacht einfach nicht mehr zu fühlen. Und es war gut gewesen. Niemand konnte ihn verletzen und er konnte in Ruhe seinen Geschäften nachgehen. Wenn man geriggt war, spielten Gefühle eh keine Rolle. Dann fühlte er anders, nicht menschlich. Er war der Geist in der Maschine. Er war derjenige der den Asphalt unter seinen Reifen spürte und das Rattern seines Herzens, wenn der getunte Motor zum Leben erwachte und die Einspritzdüse sein Blut durch die Schläuche des Wagens katapultierte. Es war ein Gefühl der völligen Freiheit. Das war es wofür er lebte.

Ein Aufseufzen neben seinem Ohr holte ihn zurück in die Realität. Unbewusst hatte er sich dichter an sie geschmiegt und war dabei an ihrem Oberkörper entlang gestreift, hatte sie offensichtlich erregt. Sie räkelte sich leise stöhnend und streifte mit ihren Händen über seine Haut. Er schauderte und seufzte leicht als er spürte wie sie ihn streichelte. Es war der absolute Wahnsinn, und er konnte sich in diesem einen Moment nicht einmal daran erinnern, was ihn überhaupt dazu veranlasst hat seine Gefühle zu verbannen!
Zuletzt geändert von Krix am 09 Nov 2006, 20:42, insgesamt 3-mal geändert.
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Beitrag von Jingles »

Uhhh...mach mal bitte Absätze rein, Krixi. Da kriegt man ja Kopfschmerzen beim Lesen :)

Stilistisch gut geschrieben, und vor allem sehr anschaulich. Ich weiss aber jetzt nicht so recht worauf die Geschichte hinaus will. Sehr viele interessante Andeutungen im Text, die aber alle nicht aufgelöst werden. Oder wird die Geschichte fortgesetzt? Als Einleitung fände ich es nämlich ganz gelungen.
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Beitrag von Krix »

Eigentlich ist das nur ein zwischenspiel für zwei Chars. ichhatte vor noh weiter zu schrieben, ja. Was willst du denn genauer aufgedröselt haben jingles?
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Beitrag von Jingles »

Danke, soll ich von meinen Augen ausrichten :wink:

Zum Beispiel das mit Sehnerv und dem Zittern, oder warum der Char seine Gefühle verdrängt hat. Da wird am Anfang der Eindruck erweckt das sei relevant für die Geschichte, man erwartet irgendwas Dramatisches, und am Ende geht es eigentlich nur darum dass es toll ist mit der Elfe zu... :-D:

Für sich allein genommen wäre mir das als Story zu dünn, aber wenn´s nur eine Episode ist sieht das natürlich anders aus. Dann werde ich mich mit Kritik zurückhalten bis ich das Gesamtkunstwerk verreissen kann :P
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Beitrag von Indigo »

Ich schließ mich Jingles an, nett aber mehr davon bitte...

Aber ich feier dich jetzt schon für diesen Satz:

Es dauerte einen ganzen Moment, bis er realisiert hatte dass, wie hart auch immer eine Frau sein möge, wie viele Leute sie auch immer auf dem Gewissen hatte und wie viel Geld sie für irgendwelche Aufträge bekam, sie hatte immer kalte Füße.

Danke! Der ist Sahne! Sehr schön beobachtet. :ok: :ok: :ok:
Ich hab nur Unsinn im Sinn - und ich hab dich im Visier ;-p

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Beitrag von Corn »

was indigo sagt, da musste ich auch grinsen...


Das einziege, was mich etwas irritiert hat war, das ich davon ausging er liegt schon im bett und hockt nicht neben dem bett um eine zu rauchen... Keine ahnung, wieso, es steht ja nicht im text, aber ich war dann ziemlich verdutzt als er plötzlich zu ihr GING und sich nicht einfach zu ihr drehte....
Außerdem würde ich persönlich das "leichte" im zweiten absatz bei der beschreibung der seidendecke streichen. Es klingt nicht so schön, wenn nichtmal nen halben satz später sie den körper LEICHT gedreht hat. außerdem ließe sich das einfach umgehen, wenn man dünnes Seidenlaken oder so schreibt... (ich weiß ist kein wirklicher fehler, aber ich wurde von meiner Deutschlererin zu sowas immer gezwungen und achte seitdem auf solche dinge)

Ansonsten gefällt mit das was ich da lese, angenehmer stil, ließt sich flüssig, immer weiter so...
Dies ist zwar irrsinnig, aber dennoch steckt Methode dahinter
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Prequel Teil 1

Beitrag von Krix »

ok, habe mir jingles zweites Post durchgeben lassen und heute auf der Arbeit fleißig geschrieben. Hier also Teil zwei, der eigentlich ein Prequel ist. Ach ja Jingles... Der Sex ist nur der Channel für die Gefühle :p Nix weiter ^^ und den Rest habe ich mit absicht nur angedeutet, wollte es tatsächlich in anderen Dingen noch beschreiben ;)


Hannover City Metroplex, Garbsen April 2058

Er hatte die Augen geschlossen und atmete tief durch. Er hatte das doch nicht wirklich gerade getan oder? Mühsam und unter Aufwendung seines ganzen Mutes öffnete er leicht die Augen und schaute sich an was er da angerichtet hatte. Ein einzelner Tropfen rann über seine Lippen und der metallische Geschmack ließ ihn schaudern. Sein Atem beschleunigte sich noch einmal merklich und sein Blick viel auf seine Hand.

Vor ihm lag sein Chef. Naja, sein Ex-Chef. Der Mann, der ihm ermöglichte aufs College zu gehen, derjenige, der ihm einen Job und eine Zukunft gab. Und nun lag er da, durchlöchert von 7 Kugeln, die Michael genau mitgezählt hatte. Eine für jede der 7 Personen, die versucht hatten ihn umzubringen. Offensichtlich wusste er zuviel. Die Firma, die sein Chef betrieb war in der Fahrzeug- und Matrixsicherheit angesiedelt. Michael war einer der Fahrer und Entwickler, die mit den hochexplosiven und mehr oder weniger legalen Forschungsneuheiten betraut wurden um sie entweder zu testen, oder sie von A nach B zu schaffen. Und das im bestenfalls halblegalem Einsatz. Und nun war er entweder zu heiß geworden, oder irgendwer hatte ihn verpfiffen, dass er den neuesten Coup seines Boss’ unter der Hand verschachert hatte. Er wollte das nicht einmal. Jedenfalls nicht so richtig. Dieser schmierige Typ hatte ihn angesprochen und ihm eine Menge Geld geboten wenn er einfach kooperieren würde wenn sie ihn und seinen Wagen angreifen würden um den Prototyp zu stehlen. Seine Wahl wäre gewesen zu sterben, das hatte ihm der Mann, er war sich sicher das es ein Runner gewesen sein musste, unmissverständlich klar gemacht. Sicher, sein Wagen war einer der sichersten im Plex, allerdings hatte der unbekannte Runner sehr plastische Beweise gehabt um seine Behauptung zu untermauern, die Michael dazu veranlasst haben zuzustimmen. Er hatte nicht damit gerechnet, das er dafür Ziel eines Mordanschlags durch seinen Chef werden würde und nur mit Mühe hat er den Angriff überlebt und sich geschworen das er dafür Rache nehmen würde. Etwas das eigentlich nicht zu ihm passte, obwohl er seinen Chef noch nie leiden konnte.

Von seiner Hand mit der Pistole schaut er auf die besudelte Leiche und musste sich erst mal übergeben. Dann ging auf einmal alles ganz schnell. Als er sich die ganze Situation gerade durch den Kopf gehen ließ, musste er wohl die Haustür überhört haben. Auf einmal stand eine hysterisch kreischende Frau im Raum, die ihre etwa neunjährige Tochter an der Hand hielt.

Michael sprang auf und überwand die wenigen Meter bis zu ihr im Spurt um ihr die Hand auf den Mund zu drücken und ein „SCHHHHT“ zu zischen. Die Frau versuchte unterdrückt weiter zu schreien und hielt ihr Kind dicht an sich gedrückt, welches nun begann zu weinen und auf ihren toten Vater zu deuten. Er schluckte und sein Herz raste. Das Adrenalin schoß in seinen Körper und machte seine Wahrnehmung schwammig. Ein dicker Kloß saß in seinem Hals, als er realisierte, was er überhaupt getan hatte. Wem er seinen Vater und den Ehemann genommen hatte. Verzweiflung und blinde Wut über seine Tat, die Tatsache das es den richtigen erwischt hatte und das Mitgefühl und die Trauer die seine Familie betrafen überkamen ihn und ließen ihn leicht zurücktaumeln und sich an den Kopf zu fassen. Die Frau war mittlerweile zu einem leisen Wimmern übergegangen, war auf ihre Knie gesunken und hielt ihre Arme schützend vor ihr Kind.

„Bitte...“ wimmerte sie leise

„Halts Maul“ schrie er sie an, nicht in der Lage einen eindeutigen Entschluss zu fassen „Er hat es verdient“ schrie er den Raum und alles in ihm an. Die Frau zuckte unter dem Geschrei wie unter einer Peitsche zusammen und barg ihre Tochter dicht an ihrer Brust.
Eine innere Stimme in ihm sagte ihm das sie ihn wiedererkennen würde, wenn sie einmal die Gelegenheit hatte zum Sternschutz zu gehen und ihn anzuzeigen. Mit der einen Hand hielt er immer noch seinen sich drehenden Schädel, während er mit der anderen die Waffe hob und auf das wimmernde Bündel zielte
„Bitte lassen sie uns in Ruhe“ wimmerte die Frau wieder herzerreißend und schluchzte, drehte sich mit dem Rücken zu ihm um ihr Kind vor diesem Wahnsinnigen zu schützen. Michael schluckte wieder und Tränen schossen ihm in die Augen. Er konnte sie nicht hier lassen. Nicht jetzt wo sie ihn gesehen hatten. Sein Auge war ein unverkennbares Markenzeichen, das es allen erleichterte ihn zu finden. Tränen standen in kybernetischen Augen, die kalt und ausdruckslos die Situation aufnahmen.
„Bitte verschonen sie meine Tochter“ schluchzte sie wieder und wandte ihm wieder ihr Gesicht zu. Die Schminke unter ihren Augen war verlaufen und gab ihr in dem fahlen Licht der Nacht ein bizarres Äusseres.
„Ich kann nicht“ flüsterte er leise und schloss die Augen. Der rote Sichtschlitz seines linken Auges, der das Dämmerlicht bis jetzt erleuchtet hatte erlosch. Gleichzeitig brannte sich das surreale aussehende Bild der Frau, die ihn flehend und gleichzeitig anklagend ansah, zusammen mit dem nun eintretenden Aufschrei und dem irrational laut klingenden Krachen der Waffe, die er abfeuerte, in sein Gehirn. Schuss um Schuss löste sich, bis der Schlitten mit einem Klicken einrastete und sich der Abzug nicht mehr betätigen ließ. Alles war still. Der Nachhall der Projektile die den Lauf verließen und in menschliches Fleisch eindrangen verstummte. Zitternd stand er da, die Waffe fiel ihm aus der Hand und er brach zusammen. Krämpfe schüttelten ihn und er krümmte sich in die Fötusstellung. Er übergab sich mehrere Male und lag dort in seinem eigenen Erbrochenen. Die Tränen waren versiegt, und so schrie er in stiller Agonie seinen Schmerz hinaus.
Zuletzt geändert von Krix am 08 Nov 2006, 18:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Prequel Teil 2

Beitrag von Krix »

Seattle Metroplex, Tacoma Docks, September 2058

Knapp ein halbes Jahr war seitdem vergangen. Keine Nacht, in der er nicht Alpträume hatte und das Gesicht der Frau vor sich sah. Mittlerweile hatte sich das Bild mit den Eindrücken vermischt die er aufgenommen hatte als er wieder zu sich kam. Das woran er sich erinnern konnte war, das er sich die Waffe gegriffen hatte und über die Frau mit ihrem Kind gekrochen war, damit er an die Haustür herankam. Die Kleine lag mit geschlossenen Augen und durchschlagendem Kiefer und Schädeldecke halb unter der Mutter, die 5 Einschüsse in ihrem Rücken hatte und mit weit aufgerissenen Augen und schmerzverzerrtem Fratze, die man kaum mehr Gesichtsausdruck nennen konnte über ihrer Tochter gekauert war. So schnell es ging flüchtete er nach draußen und rettete sich in seinen Wagen, den er möglichst schnell zu sich nach Hause lenkte.

Er hatte seine Sachen schon vorher gepackt und vorher schon aus seiner Not heraus die LTG Kontaktnummer benutzt, die er bekommen hatte als sein Wagen überfallen wurde und seine Fracht geraubt wurde. Es war derselbe Runner, der schon einmal mit ihm in Kontakt war. Der war es auch, der Michael aus den ADL ausschleuste, inklusive dem Wagen den er aus der Sicherheitsfirma hat mitgehen lassen. Ideal um einen neuen Wagen in Seattle mit den Gebrauchsteilen des alten aufrüsten zu lassen und sich einen neue Beschäftigung zu suchen. Da davon auszugehen war, das der Sternschutz ihn wegen Mordes in der ADL suchen würde, war es ohnehin nicht gut mit dem Wagen oder seiner Identität aufzutauchen. Der Rigger der ihn über den großen Teich brachte war hingegen der Startpunkt für einen Karriere, die er zwar niemals im Sinn hatte, gegen die er sich aber mit seinen Fähigkeiten auch nicht sträubte.

Seitdem versuchte er in Seattle Fuß zu fassen. Ein Arzt, der ihm vermittelt wurde, versorgte ihn mit Psychopharmaka, welche die Träume dämpfen sollten. Stattdessen hatte er das Gefühl, das die Medikamente ihm ständig andere Träume einschleusten. Panik brach jedes Mal in ihm aus, wenn er auch nur daran dachte sich hinzulegen und zu schlafen. Ein weiteres Problem, dass er aber auf die Wirkung der Tabletten schob und somit keine weitere Beachtung schenkte, waren seine Augen. Immer wieder hatte er das Gefühl, dass seine Sicht unklarer, ja beinahe schwammig wurde. Es fühlte sich jedes Mal an, als wenn ihm jemand Augentropfen gab, die sich aber nicht im Auge verteilen wollten. Zudem waren da noch die unerträglichen Kopfschmerzen, die sich jedoch zum Glück mit den richtigen Tabletten beheben ließen. Er zwang sich dann immer noch mehr von den Sedativa zu nehmen, die alles so wunderbar dumpf werden ließen. Immer häufiger passierte es dann auch, dass er aufwachte und das so angenehm dumpfe Gefühl vermisste, das ihn so ruhig schlafen ließ. In solchen Fällen warf er dann einfach noch eine Dosis ein, um dann nicht den ganzen Tag zittrig und unkonzentriert zu sein. Das war schlecht für das Geschäft. Er war immerhin mittlerweile angeheuert und dafür zuständig bei dem Schmuggler, der ihn hierher gebracht hatte die Fahrzeuge zu schrauben. Hier lernte er vieles über die Drohnen, die ihm so ans Herz wachsen würden. Er stattete sie mit immer neuen Tricks und Kniffen aus, bastelte hier ein Gimmick und da eine kleine neue brauchbare Spielerei. Diese kleinen aber feinen Arbeiten brachten ihm auch ziemlich schnell den Beinamen Gadget ein, den er schlussendlich übernahm, da sein alter Name mit dem alten Leben in die Brüche gegangen war. Und um alles bewältigen zu können und das unbarmherzige Trauma dass er sich selber zugefügt hatte verarbeiten zu können stürzte er sich in die Arbeit und verbrachte viel Zeit mitden Maschinen, die ihm schon immer lieber waren als menschliche Pendants. Rasch steigerte sich somit sein Konsum von Tabletten, die er zu sich nehmen musste um ruhig arbeiten zu können. Das er, sobald er arbeitete und sich konzentrierte, alles sowieso in den Hintergrund trat und nur noch das eine zählte, nämlich die Vollendung seines Werkes, bemerkte er schon gar nicht mehr. Die Tabletten mussten ihre Wirkung entfalten, und dafür musste er sie nehmen, davon war er überzeugt.
Zuletzt geändert von Krix am 08 Nov 2006, 18:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Prequel Teil 3

Beitrag von Krix »

Seattle Metroplex, Snohomisch, April 2059

Schreiend ruderte er mit den Armen, als er schon gut fünfzig Meter über der Erdoberfläche schwebte. Sein Magen fühlte sich an als wenn er durch einen Fleischwolf gedreht wurde. Nur den Bruchteil einer Sekunde hatte es gedauert, bis der arrogant aussehende Typ in seinem Konzerneroutfit ihn erfasst hatte und ihn auf die Höhe hat levitieren können. Es dauerte noch ein Sekunde, bis er sich wieder fangen konnte und seine Pistole in den Anschlag brachte. Vertraut legte sich das Fadenkreuz der Smartverbindung über seine Sicht und nahm den Magier ins Ziel, bevor sein Bauch ihm sagte das es jetzt Zeit war sich zu übergeben, als er einfach wieder nach unten fallen gelassen wurde. So sehr ihm seine Tabletten auch sonst halfen, im Moment wollte er sich einfach nur über einen Eimer beugen und sich die Seele aus dem Leib kotzen. Er sah den Boden schon auf sich zurasen und braucht sich deshalb wahrscheinlich keine Sorgen darum machen wann er sich übergeben musste und warum überhaupt. Kurz vorher allerdings stoppte sein Fall und er wurde zur Seite geschleudert, krachte gegen einen nahestehenden Palettenstapel. Er wollte aufschreien, die Wucht presste ihm jedoch die Luft aus den Lungen, so dass er nur ein Röcheln zustande brachte, woraufhin er sich auch endlich übergeben konnte. Seine Pred rutschte ihm bei dem Aufschlag aus der Hand und schlitterte über den Asphalt und außer Reichweite für ihn. Bedächtig schritt der Konzernmagier näher und grinste gewinnend. Eine Hand hatte er leicht erhoben und Gadget fing wieder an einen Meter über dem Boden zu schweben.
„Du feige Sau“ röchelte er „Wehr dich wie ein Mann“
Der Mage lachte „Ich wehre mich so, wie es am effektivsten ist, und so wie man Abschaum wie dich am besten außer Gefecht setzt. Er betonte es so, das kein Zweifel daran blieb, was er gemeint haben könnte.
Gadget lachte abgehackt und versuchte sich, in der Luft schwebend, aufzurichten, was ihm nicht so recht gelingen wollte.
„Bereite dich darauf vor zu sterben, Straßenköter“ hörte er die kalte Stimme des Magier. Er meinte einen Hauch von Sadismus aus der Stimme raushören zu können. Nur noch zwei Schritte, dann war er in Reichweite. Dann realisierte Gadget auf einmal die Hitzeentwicklung, und sah wie sie die Hände des Magiers feuerrot färbten und Flammen aus seinen Armen herausleckten. Er konnte nicht mehr warten, sonst würde der Penner ihn rösten. Behende griff er unter seinen Mantel und zückte sein Messer, hoffte auf den Glückswurf seines Lebens und schleudert es auf den nur wenige Meter entfernt stehenden Magier. Dieser war zu überrascht und konzentriert auf seinen Zauber, das er es nicht schaffte sich ganz wegzudrehen. Gadget sah noch, wie sich das Messer in die Hüfte des Mannes bohrte. Dieser schrie auf und riss die Arme dabei hoch, entließ den Zauber, verlor aber scheinbar gleichzeitig die Kontrolle über die Levitation, sodass Gadget auf den Asphalt herunterknallte und dort eine Sekunde benommen liegen blieb. Die Feuerkugel donnerte über ihn hinweg und versengte ihm das Fleisch der rechten Schulter. Dann raffte er sich sofort, bedankte sich innerlich bei seinen Tabletten und dem Schock, die ihn die Schmerzen ignorieren ließen. Mit aller Macht stieß er sich vom Boden ab und riss den Angreifer brutal zu Boden. Er versuchte an sein Messer zu kommen und reckte es gerade in die Höhe, um zuzustechen, als eine unbekannte Macht mit seinen Gedanken Billard spielte. Seine Hände gehorchten ihm nicht mehr und er richtete das Messer gegen sich selber und seinen Hals. Langsam und ohne das er etwas machen konnte lag er über dem Magier und setzte sich sein eigenes Messer an den Hals. Schweiß trat auf seine Stirn, der Magier unter ihm lächelte nur kalt und dreckig. „Stirb schön“

Gadget kniff die Augen zusammen, konzentrierte sich, keuchte leise auf, als das Messer seine Haut zerschnitt und ein kleiner Blutfaden auf seine Hand tropfte. Mit aller Macht versuchte er sich gegen den Zauber zur Wehr zu setzten. Einen weiteren Zentimeter biss sich der Stahl in sein Fleisch, bis er mit einem Aufschrei seine zweite Hand mobilisieren konnte, in das Messer griff und es von seinem Hals wegdrückte und nach unten an die Kehle des Magiers setzte. Den überraschten Gesichtsausdruck des Mannes nahm er schon gar nicht mehr wahr, als er die Klinge nach rechts wegzog. Der Druck, der auf ihm lag und seinen Körper zwang ihm nicht mehr zu gehorchen war gewichen und das warme Blut des Magiers pulsierte ihm entgegen, als er sich schlaff fallen ließ. Mühsam drückte er sich hoch und ächzte ob der schmerzenden Knochen, der wahrscheinlich gebrochenen Rippen und seiner blutenden linken Hand. Er schnappte sich seine Waffe die auf dem Boden lag und ging noch mal zu dem langsam ausblutenden Mann hin, hob die Pistole und schoss ihm ins Gesicht. „Das... wird nie wieder passieren“ murmelte er leise
Zuletzt geändert von Krix am 09 Nov 2006, 18:37, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag von Krix »

So das sind die ersten drei Teile des Prequels, ich hab noch 6 andere ^^ Was sagt ihr?
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Niall Mackay
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Beitrag von Niall Mackay »

Mehr! :yupi:
Ich finde die Geschichte wirklich gut, nru im letzten Teil stört mcih dieser Satz ein bisschen:
Mit aller Macht stieß er sich vom Boden ab und tacklete den Angreifer zu Boden.
Besser gesagt, das fette Wort. Irgendwie passt es mMn nicht so richtig. Würde ich durch niederrennen oder so ersetzen. Ich weiß nicht, ob ich da der einzige bin, aber ich musste erstmal überlegen was das heißt, weil das kein allzugebräuchliches Wort ist. Es hemmt mMn einfach den Lesefluss. Aber mach wie du willst, die Story ist gut.

Ich hoffe, du hast mein Gefasel einigermaßen verstanden... :lol:
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Beitrag von Krix »

Jup, ich hab manchmal solche Wortspasmen ^^ War mit dem Wort auch nicht so glücklich, hab es aber dringelassen, nehm es jetzt aber raus. Danke Niall Achja:
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Prequel Teil 4 *anfütter*

Beitrag von Krix »

Seattle Metroplex, Tacoma, August 2059

Bebend kauerte er in der Ecke des abbruchreifen Hauses, die Schrotflinte im Daueranschlag. Er keuchte. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn und lief ihm an den Schläfen und auf dem Rücken herunter. Das Auge das man noch als echt erahnen könnte war geweitet und Panik stand in seinem Gesicht. Deutlich hörte er das Knacken von draußen und er wirbelte zum Fenster herum, drückte ab. Klirrend hauchte eine der wenigen intakten Scheiben des Gebäudes ihr Leben aus als die Schrotladung hindurchkrachte. Schnell atmend schluckte er noch einmal, wirbelte wieder zurück zur Tür, zielte darauf. Ein Schatten huschte über den Boden. Etwas kroch in ihm hoch, das er lange nicht mehr gefühlt hatte. Angst. Aber war es überhaupt Angst? Gadget stieß sich von der Wand ab und vollbrachte eine mehr schlecht als recht ausgeführte Rolle, die ihn auf die gegenüberliegende Seite katapultierte. Hart knallte er mit dem Rücken an die Wand, riss die Waffe wieder hoch und zielte auf die Tür. Seine Schultern zitterten und die Schrotflinte schlotterte mit ihm und seinen Händen im Takt. Schwer atmend drückte er sich langsam aus der Hocke hoch in den Stand. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen sich den Reflexbooster noch einbauen zu lassen. Gerry hatte ihn gewarnt, aber irgendwie musste er mithalten können, auch außerhalb seines Wagens. Vor allem wenn Magier involviert waren. Und da wollte er nicht auf das dumme Geschwätz eines Arztes hören, der ihm schwere geistige Schäden prophezeite. Offensichtlich hatte er leider recht, aber das war nun auch nicht mehr zu ändern. Nun war sein Gleichgewicht durch die Ware schon zerstört, also konnte er sie genauso gut implantiert lassen und sich daran gewöhnen. Eine Bewegung in seinem Augenwinkel ließ ihn wieder zusammenfahren und bevor er darüber nachdenken konnte hatte er schon wieder einen Ladung quer durch den Raum auf die Ecke des Zimmers gepumpt. Langsam schob er sich zur Tür, immer bedacht das Fenster auch mit ihm Auge zu halten. Es würde ein langer Weg werden bis zu seinem Wagen...
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Beitrag von Jingles »

Also ich les fleissig mit, und bisher ist die Story sehr fesselnd. Ok, das mit dem "tackeln" war ein kleiner Missgriff :wink: Wenn es bildhaft aber nicht störend sein soll, würde ich es vielleicht durch "tackern" ersetzen. Da kann sich zumindest jeder was drunter vorstellen :P
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Prquel Teil 5

Beitrag von Krix »

Jingles: Aber ich werf nur weitere Häppchen rein wenn ihr mich lobt ;p


Seattle Metroplex, Puyallup Barrens, 16. September 2060

In einem kleinen Bogen flog der Zigarettenstummel durch die Luft und landete mit einem leisen Zischen in einer Pfütze. Gadget stand an einer Straßenecke, das angenehm kühle Gefühl des Glasfaserkabels, das in seiner Schläfe steckte und das feine Kribbeln, das seine Gedanken hinterließen, sobald er einen mentalen Befehl an sein Deck gab ließen ihn wie immer erschaudern. Nicht das es ihm viel ausgemacht hätte, es war eine rein mechanische Reaktion. Die feinen Nackenhärchen die sich aufstellten, der Schauer der ihm dann über den Rücken lief. Alles etwas, das er eigentlich nicht wahrnahm. Dabei war es genau diese Reaktion, für die er riggte. Genau dieses Gefühl hatte ihn dazu gebracht sich eine Datenbuchse einbauen zu lassen, da das Elektrodennetz einfach nicht den Kick brachte den er wollte. Mittlerweile hatte er diese Erfüllung nur noch, wenn er direkt eingestöpselt war. Direkt das Fahrzeug spürte, das Dröhnen, das seinen Körper einhüllte und wohlig umschloss. Aber dafür war er nicht hier. Im Moment erforderte es andere Qualitäten, die er ebenfalls bieten konnte, auch wenn er sie nicht wirklich als erfüllend betrachtete.
Langsam stieß er sich von der Wand ab und huschte geschmeidig durch das nasskalte Seattle. Er braucht nicht nach oben zu schauen um zu wissen, was über ihm geschah. Seine Rotordrohne surrte langsam über ihm am Nachthimmel entlang und überwachte die nähere Umgebung, die er nicht einsehen konnte. Das wenige Licht, das der größtenteils verdeckte Mond von sich gab reichte für seine Augen aus um alles klar und deutlich zu erkennen. Die Orkin und der Elf standen am gegenüberliegenden Gebäude und schauten sich nervös um. Definitiv Amateure. Ihre Körpersprachen und die viel zu offensiv offensichtlichen Waffen zeugten davon, ebenso wie ihr Verhalten. Immer wieder nestelte die Orkin an ihrem Gyromontiertem MMG herum und stellte die Servos neu ein, überprüfte ob auch wirklich alles in Ordnung war und ob das MG schön frei schwenkbar war. Die Kette mit dem schweren Kaliber hatte sie sich um die Hand geschlungen, auf den Einsatz eines Gurtkastens wohl extra verzichtet um bedrohlicher zu wirken. Er hatte aufgehört zu zählen, wie oft der Elf mittlerweile die Sicherung seines Sturmgewehres überprüft hatte. Eine Situation, die eigentlich nur belächelnswert gewesen wäre. Gadget hingegen analysierte die Geschehnisse mit ausdrucksloser Miene. Es dürfte für ihn kein Problem sein das Geschäft abzuwickeln und noch ein paar Nuyen extra herauszuschlagen, und das ohne ernsthaft in Gefahr zu laufen jemanden aus den Augen zu verlieren. Die Rotordrohne und sein in der Nähe patrouillierender Skimmer, sorgten dafür das ihm niemand in den Rücken fallen würde. Eine Tatsache die ihm sehr am Herzen lag. Er hasste nichts mehr, als die Kontrolle über etwas zu verlieren.

Er schaute nun doch nach oben und betrachtete die feinen Wassertröpfchen, die aus dem nächtlichen Himmel auf ihn herabfielen. Um diese Zeit hatte es in Hannover immer geschneit. Etwas das er beinahe vermisste. Oder doch nicht? Er schob den Gedanken beiseite, schließlich war es sowieso nicht wichtig. Sein Gehirn meldete nur, das sein Gesicht feucht wurde. Alles was darüber hinausging gestand er sich einfach nicht zu, zu fühlen. Langsam trat er dann relativ dicht bei den beiden Amateuren aus dem Schatten heraus, die Schrotflinte mit der massiv wirkenden Trommel hatte er längs am Körper, sodass man auch das Zittern seiner Hand nicht unbedingt sofort erkennen konnte. Er vertraute darauf, das die beiden anderen zwar nervös, aber nicht so nervös waren, als das sie ihn gleich niederstrecken würden. Immerhin wollten sie etwas von ihm.
Die Orkin ruckte als erstes herum, und man sah ihr an, das sie sich erschrocken hatte. Ihren Bewegungen zufolge, war sie zwar gechipt, aber wahrscheinlich eher Billigware und kein Booster. Sie war langsamer als er, das registrierte er sofort, und er hatte nur einen Reflexbooster der Serie 1. Ein kaltes, antrainiertes und überlegen wirkendes Grinsen setzte sich auf sein Gesicht. „Habt ihr die Nuyen?“ fragte er ohne Umschweife und er sah dem Elfen an, das dieser sich unwohl in Gadgets Anwesenheit fühlte. Aber es schien keine Angst zu sein. Die Orkin schaute ihn nun an und drehte sich zu ihm, somit schwenkte das MG auch in seine Richtung. Der Griff um seine Waffe wurde fester und er bereitete sich darauf vor die beiden abschalten zu müssen. Ein mentaler Befehl zuckte wieder leicht kribbelnd durch seine Schläfen und zu dem Deck. Die Rotordrohne stellte daraufhin ihren Rundweg ein und surrte leise auf das Dach gegenüber, wo es die Orkin ins Visier nahm.
„Also?“ forderte Gadget harsch, das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. „Haben sie die Ware?“ fragte der Elf mit überraschend fester Stimme und trat einen Schritt nach vorne. Gadget überraschte es nicht, das der Hauer für das Backup da war und der Elfenmann die Verhandlungen übernahm. Er griff mit der linken in die Tasche und förderte ein Chipetui zu Tage, hielt es hoch. „Da gibt es nur ein Problem. Die Beschaffung hat sich eindeutig als schwieriger herausgestellt, da du mir einige Einzelheiten verschwiegen hast, die ich gut hätte gebrauchen können.
„Ich versichere ihnen Mister Gadget, das wir ihnen alle erforderlichen Informa...“
„Das ist mir scheißegal“ unterbrach er ihn. „Ich habe herausgefunden, das sie über diese Informationen verfügt haben und sie mir vorenthalten haben. Deshalb ist mein Preis gerade gestiegen. Zu den veranschlagten 20k, kommt noch einmal eine Gefährdungspauschale von zehntausend Nuyen hinzu“
Der Elf schaute ihn verdutzt an und man konnte ihm ansehen, das er nicht sicher war ob er lachen oder weinen sollte
„Ich bitte sie, wir hatten einen Kontrakt, den sie eingegangen sind. Das bedeutet, das sie ihr Honorar bekommen nachdem sie mir die Ware ausgehändigt haben. Eine Nachverhandlung steht außer Frage. Der Elf hob das Sturmgewehr, eine Colt, wie man jetzt erkennen konnte, demonstrativ ein Stück in die Höhe, um zu zeigen das er es ernst meinte. Die Orkin grunzte nur zustimmend.
„Du hast die Wahl“ begann der Rigger noch einmal „Entweder du bezahlst mir den Preis den ich wert bin.“ Er ließ eine theatralische Pause.
Der Elf fühlte sich sicher, nachdem er gesehen hatte das der Norm nur eine Schrotflinte dabeihatte, sie nicht mal im Anschlag hatte und seine Hände zitterten wie Espenlaub. Junkies fühlte selbst er sich überlegen. „Oder?“ fragte er selbstgefällig
Gadget schüttelte den Kopf und erteilte der Drohne über ihnen einen Befehl. „Du stellst diese Frage und verwirkst dein Leben“ meinte er nur kalt und wirbelte die Schrotflinte in einer fließenden Bewegung nach oben, ließ dabei das Chipetui fallen und drehte sich halb um den Elfen, drückte ihm die dicke Mündung in den Bauch. Er sah in das erschrockene Gesicht des Elfen, bevor er den Abzug durchriss und drei Schrotpatronen den kompletten Bauchraum des Mannes nach hinten über seine Kollegin verteilten. Er hatte nicht mal die Zeit zu röcheln, während Gadget in das qualvoll schmerzverzerrte Gesicht starrte und die Waffe ein paar Zentimeter zurückzog. Noch nicht ganz von ihrem Schreck erholt, schaute die Orkin an sich herunter und kämpfte scheinbar mit der Übelkeit, als die stinkenden Gedärme von ihr heruntertropften. Sie fasste aber scheinbar einen schnellen Entschluss und riss das Maschinengewehr herum, drückte schon in dieser Bewegung ab, sodass das Rattern schon begann als sie noch gar nicht ganz auf den Rigger zielte. Geistesgegenwärtig ließ Gadget sich fallen und rollte sich ein paar Meter zur Seite. Sein Mantel peitschte über die Nasskalte Straße und seine Schrotflinte schepperte ein oder zweimal hart auf die Straße beim abstützen. Gerade wollte sein Gegner die Richtung ihres Feuers anpassen als ein zweites Stakkato an seine Ohren drang und ebenfalls schnell auf sie zukam. Die Orkin schrie auf einmal wie am Spieß, verriss das MG nach oben, als die Schüsse der Drohne in ihr Bein und ihre Seite eindrangen und sich bis hoch zu ihrer Schulter fraßen. Der Rigger hingegen rollte noch eine Umdrehung und richtete sich dann aus der Bewegung in die Hocke auf. Der Ledermantel klatschte Nass in eine Pfütze, was ihn allerdings nicht störte. Einen kybernetischen Befehl später war der Modus seine Waffe auf Halbautomatisch umgestellt und es krachte wieder als die Schrotflinte wieder ihre tödliche Fracht hinausbellte. Ohne weiter zu schauen ob sein Schuss eine Wirkung hatte, stieß er sich aus der Hocke nach hinten ab, um hinter ein altes Stück Häuserruine zu gelangen. Das Hämmern der beiden MG’s, die um die Wette donnerten, wurde überschattet von einer ohrenbetäubenden Explosion, welche die Granate auslöste, die in der Schulter der Orkin steckte. Noch während die Druckwelle über ihn hinwegzischte richtete sich der Norm langsam wieder auf und beschaute sich das kleine Häufchen, was noch von der Orkin übriggeblieben war.

Langsam trat er zu dem Elfen, dem die Explosion mehrere große Splitter in sein, immer noch überrascht dreinblickendes, hübsches Gesicht gefetzt hatte. Er öffnete die Jacke und schaute auf das Innenleben und das faustgroße Loch auf der Vorderseite, das die Schrapnellgeschosse gerissen hatten und ignorierte den stinkenden fauligen Geruch, den der Darm und der geplatzte Bauchraum freigaben. Nur wenige Sekunden später fand er was er suchte und steckte die drei Credsticks die der Elf bei sich hatte ein, nachdem er sie kurz vom Blut gereinigt und in sein Lesegerät gesteckt hatte. Er schaute auf den zerfetzten Kadaver der Orkin und gab dann die Hoffnung auf in dem blutigen Matsch noch etwas sinnvolles und brauchbares zu finden. Er erteilte der Drohen den Befehl die Umgebung abzusichern während er aufstand und sich in die Tasche griff, eine Packung Zigaretten herauskramte und sich mit zittrigen Fingern eine anzündete. Sein Blick fiel an ihm herab und er gab einen widerwillig ärgerlichen Laut von sich, als er die Blutspritzer auf seinem weißen T-Shirt sah. „Toll“ meinte er lakonisch „Wieder eins hin“
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