Kurze Lesehilfe, bitte.

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Lilith
Schicksalsgöttin
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Kurze Lesehilfe, bitte.

Beitrag von Lilith »

Hallo ihr lieben,

für einen Online-Run habe ich, wie alle anderen auch, die Aufgabe gestellt bekommen ein paar Sätze über ein einfaches, abgeschlossenes Ereignis im Leben meines mitspielenden Charakters zu schreiben. Nichts außergewöhnliches, sondern nur ein paar Erinnerungen an etwas aus/in Seattle, inkl. Charakterbeschreibung.

Jetzt bin ich höchstens eine Konifere auf dem Gebiet der Schreibkunst, mit Sicherheit aber keine Koryphäe.

Daher meine Bitte an das Schwarmhirn: Könnt ihr euch den Text mal durchlesen und mir ein kleines Feedback geben? Es soll kein Meistertext werden (das Beschriebene wird aber mit Sicherheit im Run irgendeine Rolle spielen).


eindringlicher Recherche kann man drei zu Tage födern. Doch die kosten Kohle.

UCAS, Seattle, November 20XX

Mit fast andächtiger, aufrechter Haltung stand die Gestalt in einer dunklen Ecke eines der vielen alten, verfallenen Häuser in diesem Block, das ihr etwas Schutz vor dem saurem Regen bot, dessen Geruch verräterisch über der Szene hing. Wieder und wieder hörte man, wie die schweren Tropfen auf einem abgestellten, alten Ölfass aufkamen und diesem einen dunklen Rhythmus entlockten. Rote Augen, mit schwarzen, sich windenden Linien versehen, blickten nachdenklich auf die brachliegenden Überreste des abgebrannten Hauses auf der anderen Seite der von Schlaglöchern und Pfützen überwucherten Straße, auf welcher nicht einmal Unkraut wachsen wollte. Als sie gehört hatte, dass dieser Ort nun endgültig vom Angesicht der Stadt getilgt war, musste sie einfach nachsehen.

Die Frau, die in aller Stille während der hektischen Abendstunden an der Häuserecke stand und die Welt und Menschen an sich vorbei ziehen sah, hielt inne, und dachte an die vielen Stunden, die sie an diesem speziellen Ort verbracht hatte. Skurrile, Interessante und lustige Stunden. Manchmal auch gefährliche, doch was war das nicht in dieser Stadt aus Lug, Betrug und fliegenden Kugeln?

Nein, eine gute Meinung hatte sie nicht über Seattle. Die Stadt, in ihren Augen nicht mehr als eine Hure, die ihren alten, verbrauchten und mit Falten versehenen Körper durch Unmengen an teuren und aufwendigen Schönheitsoperationen an die neueste Mode anpassen und mit der Zeit gehen wollte. Deren Altersflecken so gewaltig waren, dass sie hier und da unter den meterdicken Schichten an Makeup hervorbrachen, wie eiternde Wunden eines Kranken auf dem Sterbebett. Sie gaukelte sich und den naiven Freiern eine heile Welt vor, wie ein hübsches Gesicht, dass sie für den Abend aufgelegt hatte. Doch morgens, oder dort, wo niemand hinsah, konnte man einen Blick auf das wahre, ungeschminkte Seattle erhaschen. Auf IHR Seattle.

Blutig, brutal und ohne Skrupel war die Schattenseite, das, was in Berichten verschwiegen und in Reiseführern bewusst nicht erwähnt wurde. Das Überleben vieler Metamenschen hing meist an einem seidenen Faden, bewaffnete, blutige Konflikte gab es mehr, als man zählen konnte. In vielen Fällen – oder Stadtteilen – konnten die Ordnungshüter nur tatenlos zusehen, wenn sich Gangs Kämpfe lieferten, ganze Straßenzüge anzündeten oder Frauen und Männer gleichermaßen in Sucht, Abhängigkeit, Drogenkonsum oder Prostitution trieben.

Nicht selten hatten die wenigen Mitarbeiter der Staatsgewalt, die hier mit ihren gepanzerten Uniformen, den gut geschnittenen Frisuren und den besseren Stoffen auffielen wie bunte Hunde, ebenfalls die Hände in den Taschen der gebeutelten Leute. Schutzgeld, Schweigegeld oder Bestechungsgeld waren nur ein Teil eines lukrativen Nebenverdienstes für die chronisch unterbezahlten und oftmals am Limit gehenden Beamten, die ihren Frust gerne an denen ausließen, die offiziell nicht existierten.

Hier gab es keine verglasten, polierten Wolkenkratzer, nur alte Häuser, die seit vielen Jahren niemand mehr renovierte. Die Lichter aus Glow City waren wie eine Verhöhnung der dunklen, meist stromlosen und vor Unrat triefenden Straßenzüge der Barrens. Die gut gekleideten und wohlgenährten Kinder der Oberschicht schienen alles zu haben, während sich hier in Lumpen gekleidete Straßenkids um das Fleisch der Ratten und die Schuhe von Toten schlugen. Zwei Seiten, eine Stadt. Und kaum jemand sah beide in seinem Leben.

Wieder glitten die Erinnerungen an die Bar, deren kalte Asche noch einen Hauch von Nostalgie enthielt. Es roch nach altem Feuer, Chemikalien und Unrat, mit Plastik überzogenen Tischen und jeder Menge synthetischem Alkohol. Sicherlich hatten die hier in der Nähe hausenden Obdachlosen und andere, die nichts besaßen außer dem, was an ihrem Körper war, bereits alles verwertbare gesucht und gefunden.

Die alte Bar, ein Ort, den Schattenläufer gerne ansteuerten, war vergangen wie viele ihrer Kunden, deren Fähigkeiten einfach nicht dem immer härter werdenden Leben gerecht geworden waren. Hier trafen sich die, welche aus Drang, Not oder anderen Gründen ein Leben an Rande der Gesellschaft angenommen hatten und Drecksarbeit gegen Bezahlung für fast jeden, der es sich leisten konnte, tätigten. Egal wie übel die Jobs waren, es fand sich immer jemand, der sie erledigte, viele hatten schlicht keine andere Wahl, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Und das würde auch in Zukunft so bleiben, solange Neid, Missgunst und Machtgier die Leute antrieben und sich diese Begierden durch illegale Machenschaften so einfach umsetzen ließen. Die Frau lächelte leicht. Immerhin bereiteten diese Dinge ihr ein gutes Auskommen.

Es gab viele, die ihr Leben den Schatten verschrieben, weit mehr, als man glaubte, und nicht immer sah man es ihnen an. Doch von den vielen Neulingen, die irgendwann durch eine der Türen einer solchen Drecksbar gingen, stolz auf die Waffe unter ihrer Jacke oder in der Hosen trugen, mit einem Gang als hätte sie Eier aus Stahl oder wären der nächste Ghostdoctor, überlebten das erste Jahr nicht. Gingen drauf, weil sie die Gefahren dieses Lebens unter- und sich überschätzten. Einen Auftrag nicht zu Ende führten. Oder plötzlich doch etwas wie Gewissensbisse entwickelten, wenn sie den Abzug betätigen oder die Granate werfen sollten.

Die, die es durchhielten, die lange Jahre überlebten und sich hocharbeiteten, für Konzerne und Regierungen arbeiteten, sich einen Namen machten, irgendwann kannte man sie. Die Szene derer, die überlebten, war nicht groß. Doch die alten Hasen wussten voneinander, arbeiteten mal mehr, mal weniger gerne zusammen. Man hatte gemeinsame Geschichten, Geheimnisse, Quellen. Und manchmal auch ein gemeinsames Leben, oft geboren aus Nutzen oder Gemeinsamkeiten, manchmal sogar aus Liebe.

Sie dachte einen Augenblick nach, musste zustimmen, dass es einfacher war, einen Partner zu haben, der ebenfalls im gleichen Milieu arbeitete. Man musste sich nicht verstecken, keine fadenscheinigen Ausreden entwickeln, Lügenkonstrukte aufbauen, warum man schon wieder eine Wunde hatte, tagelang unterwegs war oder einfach mal ein paar billige Bier mehr brauchte. Der andere verstand. Man konnte schweigend Geborgenheit schenken, eine Sicherheit geben, die einen auch einmal eine Nacht ruhig schlafen ließ.

Langsam, dennoch leichtfüßig und aufmerksam, setzte sich die dunkle Gestalt in Bewegung, die schweren Kampfstiefel knarzten schon lange nicht mehr, das Leder war matt und von dem Ascheregen des Vulkanes angegriffen. Die Hosenbeine der schwarzen, leicht dreckigen Militärhose mit den vielen, zum Teil gefüllten Taschen, waren in den Stiefeln verschwunden. Als sie das flackernde Licht einer der wenigen hier funktionierenden Laternen passierte, fing die ebenfalls schwarze Lederjacke die Helligkeit ein und verschlang sie in dem matten, abgewetzten Material, das keine Gangabzeichen, sondern Einschusslöcher als Hinweise für diejenigen zur Schau stellte, die auf leichte Beute hofften.

Angekommen an der Ruine, ging sie in die Knie und betrachtete die Überreste des dreistöckigen Hauses aus abgewohntem Stahlbeton, dessen Fenster sie niemals in intaktem Zustand gesehen hatte. Im Keller hatte die Bar gelegen, erreichbar über eine nun unter Trümmern vergrabene, damals dauerhaft versiffte Treppe. Eine silberne Haarsträhne fiel trotz augenscheinlicher Jugend ihr vor die Augen, als sie versuchte, den Eingang darunter zu erahnen. Eine Hand fuhr hoch, nahm diese sanft und führte sie zurück an ihren Platz.

Die Hand, wie auch der Rest des Körpers, war überzogen mit einem schwarzen, dichten und jaguarartigen Pelz, einzig an Handinnenflächen, Lippen und intimeren Stellen war er etwas lichter und dünner. Die Nächtliche mit den elfengleichen Ohren benötigte nicht lange, um den alten Eingang unter den Trümmern auszumachen, noch immer glomm dort die Glut in dem Kellergeschoss, sichtbar durch Hitzestrahlung, welche die Frau ohne Probleme wahrnehmen konnte. Es sah nicht aus, als ob dort noch etwas lebte.

Langsam schälte sich ein Regentropfen aus dem Haaransatz, floss wie in Zeitlupe einige Millimeter über das Körperfell des Gesichtes, um dann in diesem zu verschwinden und den Weg über die darunter liegende, dunkle Haut fortzusetzen. Ein leichtes Schütteln ob dieses unangenehmen Gefühls später erhob sie sich und fuhr mit den Händen einmal durch die langen Haupthaare, bevor sie ihren Weg in eine weitere, dunkle Gasse fortsetzte. Dieser Ort war nicht mehr lohnenswert.
Charaktere

Nächtliche Kampfadeptin "Nicht kraulbar"
Elfische Athletikadeptin "Ruhig und freundlich"
Menschlicher Streetsam "Soldat aus Leidenschaft"
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Krix
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Beitrag von Krix »

Moin,

das Flair kommt auf jeden Fall schon mal rüber. Der Charakter ist auch beschrieben genug, ohne das typische: "1,75 groß, 60kg, Nächtliche, silberne Haare"

Es soll nur eine kleine Episode sein, allerdings könnte ich als SL da noch nicht viel rausziehen. Keine Ahnung wer das von euch abverlangt hat, aber da fehlte mir noch etwas. Motivation, in Ermangelung eines besseren Wortes.

Und manche der Schachtelsätze sind zu schachtelig ^^
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